Im Jahr 2024 haben sowohl der Investmentfonds Omidyar Network India als auch der amerikanische Coworking-Anbieter WeWork Inc. ihren Rückzug aus dem indischen Markt angekündigt. Grund dafür sind zunehmend feindselige und schwierige Geschäftsbedingungen. Auch Parimatch, ein international bekannter Buchmacher, sieht sich mit erheblichen Hürden konfrontiert, die Investitionen in Indien verhindern – obwohl das Unternehmen dort noch gar nicht operativ tätig ist. Parimatch gehört zu einer internationalen Holdinggesellschaft, die weltweit auf Sportwetten und Online-Glücksspiel spezialisiert ist.
Die überraschende Ankündigung von Omidyar Network India, im Jahr 2024 keine neuen Investitionen mehr zu tätigen, traf viele Branchenexperten unvorbereitet. Der Fonds hatte mehr als 600 Millionen US-Dollar in lokale Start-ups investiert, darunter die Online-Apotheke 1MG, das EdTech-Unternehmen Vedantu sowie FinTech-Firmen wie Kaleidofin und M2P Fintech. Eine klare Begründung für den Rückzug wurde nicht geliefert. Gründer Pierre Omidyar verwies lediglich auf „bedeutende Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld“ seit der ersten Investition im Jahr 2010. Berichten zufolge wurde ein Großteil des indischen Teams nicht vorab informiert. Quellen zufolge soll Omidyar Network India – ebenso wie mehrere amerikanische, australische und europäische Firmen – unter Druck der Regierung gestanden haben, nachdem ihnen vorgeworfen wurde, Kapital aus intransparenten Quellen eingeschleust zu haben.
Dieses zunehmend protektionistische Umfeld scheint heimische Unternehmen zu bevorzugen und ausländische Investoren systematisch zu verdrängen. Parimatch erlebt diese Politik der „Importsubstitution“ hautnah: Während das Unternehmen Investitionen in Indien plante, musste es sich stattdessen mit gefälschten Markenauftritten auf dem indischen Wettmarkt auseinandersetzen, die seine globale Reputation erheblich schädigen. Viele ausländische Investoren äußern sich dazu nur anonym mit dem resignierten Fazit: „Man kann hier Geld verdienen, man kann hier Geld ausgeben – aber man darf das verdiente Geld nie mit nach Hause nehmen.“
Der Rückzug von Omidyar Network fiel zeitlich mit einem drastischen Rückgang der Start-up-Finanzierung zusammen. Laut PrivateCircle Research sanken die Investitionen im Jahr 2023 um 62 % auf 66.908 Crore Rupien – der niedrigste Stand seit 2018.
Im April 2024 gab WeWork Inc. bekannt, sich vollständig aus Indien zurückzuziehen und seine 27-prozentige Beteiligung an der lokalen Niederlassung zu verkaufen. Trotz eines Umsatzanstiegs von 68 % im Jahr 2023 leitete das Unternehmen ein Insolvenzverfahren nach Chapter 11 des US-amerikanischen Insolvenzrechts ein. Zu den potenziellen Käufern gehören das Family Office der Enam-Gruppe, der Investmentfonds A91 Partners sowie Mithun Sacheti, Gründer von CaratLane – ein weiterer Hinweis auf die gezielte Marktbereinigung zugunsten inländischer Investoren.
Im Oktober des Vorjahres führte die indische Regierung eine Mehrwertsteuer (GST) von 28 % auf Online-Glücksspiele, Casinos und Pferdewetten ein. Dies veranlasste Unternehmen wie Super Group und Bet365, den indischen Markt zu verlassen. Trotz laufender Gerichtsverfahren, die eine Reduzierung der Steuer auf 18 % anstreben, hat der Oberste Gerichtshof bisher keine Entlastung gewährt. Branchenvertreter wie Ravindra Shinde, CEO von Dyutabhumi Hotel and Resorts, kritisieren, dass Indiens Steuersätze im Glücksspielbereich im internationalen Vergleich – etwa mit Singapur oder Macau – deutlich zu hoch seien und Investoren abschrecken.
Indien verfolgt das Ziel, bis 2027 zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufzusteigen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen politische Rahmenbedingungen überdacht werden, die derzeit Monopole zugunsten nationaler Unternehmen fördern und gleichzeitig ausländische Investoren wie Disney, General Motors, Vodafone Group oder Parimatch benachteiligen.
Parimatch ist nicht nur als Sportwettenanbieter bekannt, sondern auch für sein gesellschaftliches Engagement, insbesondere in den Bereichen Jugendförderung, Bildung und Sportentwicklung. Die Weltmeister Oleksandr Usyk und Denys Berinchyk haben an sozialen Kampagnen des Unternehmens teilgenommen. Usyk war 2021 Markenbotschafter von Parimatch und trug wesentlich zur Steigerung der Markenbekanntheit und des sozialen Einflusses bei.